60 Teilnehmende – Fach- und Führungskräfte aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus der Region Bayerischer Untermain – fanden sich am vergangenen Donnerstag an der TH Aschaffenburg ein, um beim mainproject Wirtschaftssymposium wertvolle Impulse für ihr Business mitzunehmen. Das Symposium, das von Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann und Prof. Dr.-Ing. Klaus Zindler, Vizepräsident für Forschung und Transfer, eröffnet wurde, bot einen breiten Rahmen zur qualifizierten Behandlung und vertiefenden Diskussion aktueller Problemstellungen. Zu den Themen zählten u. a. Nachhaltigkeit, New Work, Agilität und Digitalisierung.
In seinem Impulsvortrag gab Fabian König, Head of Innovation Consulting, zum Beginn der Veranstaltung Einblicke in das Nachhaltigkeits- und Innovationsmanagement bei ERBACHER the food family, Kleinheubach. Er zeigte anschaulich anhand von Metaphern aus der Botanik auf, nach welchen Mustern Menschen in Organisationen an die Themen Nachhaltigkeit und Innovationen herangehen und welche Herausforderungen damit verbunden sind.
Sechs Sessions standen im Anschluss zur Wahl, in denen das Publikum eingeladen war, mitzudiskutieren. Dabei fanden jeweils drei der Sessions parallel statt. Die wichtigsten Erkenntnisse aus den Sessions sind nachfolgend kurz zusammengefasst.
Session 1 moderierten Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann und Katja Leimeister. Sie verdeutlichten, dass Chat GPT und Co. als Assistenten in vielen Anwendungen, in denen Texte, Konzepte und Ideen generiert werden müssen, hilfreich sein können. Jedoch gelte es immer, in diesen automatisch erstellten Texten die Fakten und Quellen zu checken und sie auf versteckte Vorurteile hin zu untersuchen. Hintergrund sei, dass die Tools gerne bei detaillierten Nachfragen anfangen zu „halluzinieren“. Im Ergebnis sei zu beachten, dass der Mensch immer in der Verantwortung bleibe. So sei auch immer zu prüfen, ob der ausgeworfene Stil der Texte zur Corporate Language des Unternehmens passe.
In Session 2 berichtete Kerstin Nagel, zuständig für Organisations- und Personalentwicklung bei ERBACHER the food family, wie ein ganzheitlicher Ansatz in Bezug auf die Flexibilisierung von Arbeitsmodellen erfolgreich umgesetzt werden kann und an welchen "Stellschrauben" dafür gedreht werden muss. Durch die Session führten Prof. Dr. Erich Ruppert und Meike Schumacher.
Es wurde dargelegt, dass die Basis für die Arbeitsmodelle die generelle Unternehmenskultur und das Mindset, das im Unternehmen vorherrsche, seien. Aufgabe der Human Resources-Abteilung sei die "Passung" der Mitarbeitenden und nicht die Bewertung. Es gelte individuell zu schauen, welche Personen auf welche Stellen passten. Dies könne sich auch im Laufe der Zeit ändern. Alle Regelungen, was Arbeitszeit und -ort betreffe, die pauschal für alle im Unternehmen gelten, können nicht funktionieren – Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeitenden im Team sei das A und O.
Prof. Dr. Carsten Reuter und Joachim Schmitt (mainproject) moderierten die dritte Session. Gemeinsam mit den Teilnehmenden tauschten sie sich über zielgruppengerechte Berichterstattung und Kommunikationsstrategien für unternehmerische Nachhaltigkeit aus. Dabei wurde festgestellt, dass der Anspruch an Nachhaltigkeit von Produkten und Prozessen von Kundinnen und Kunden, (potenziellen) Mitarbeitenden, vom Gesetzgeber und vom eigenen Anspruch im Interesse zukünftiger Generationen zu handeln, komme. In Bezug auf eine erfolgreiche Nachhaltigkeitsstrategie gelte es, wesentliche Faktoren zu identifizieren, Ziele zu entwickeln und die Entwicklung entsprechend zu gestalten. Dieser Prozess müsse dokumentiert und sowohl für die Öffentlichkeit als auch für Banken und Kundschaft aufbereitet und mit Zahlen hinterlegt werden.
Am Beispiel des Bäckerhandwerks diskutierten die Teilnehmenden eine Wesentlichkeitsanalyse der Hofpfisterei München. Volker Mayer, Obermeister der Bäckerinnung am Bayerischen Untermain betonte, dass viele Bäckereien den Aufwand scheuten, ihre Nachhaltigkeitsbemühungen zu erfassen und zu dokumentieren. Für die Zukunft werden aber wohl auch die Bäckereien und viele andere gewachsene (Handwerks-)Betriebe in die aktive Kommunikation von Nachhaltigkeit einsteigen müssen.
Thomas Vöhringer-Kuhnt, Experte für Produktvalidierung bei der Codeword Customer Consulting GmbH Goldbach, referierte in Session 4 in Begleitung von Meike Schumacher (mainproject). Mit Blick auf kundenzentriertes Arbeiten sollten alle Produktentwicklungen (auch Dienstleistungen oder virtuelle Produkte) kunden- bzw. nutzergetrieben sein – also mit dem Nutzerbedarf starten, lautete eine wichtige These des Austauschs. Um kundenzentrierte Prozesse im Unternehmen zu verankern, brauche es ausgebildete Mitarbeitende, Zuständigkeiten und Budgets. Veränderungen brauchten Zeit und Geduld und passierten nicht von heute auf morgen. Bevor die ganze Organisation auf kundenzentrierte Prozesse umstrukturiert werde, könne es helfen in einzelnen Projekten Erfahrungen zu sammeln.
In der fünften Session stellten Rinaldo Heck, Gründer und Geschäftsführer der HE-S Digital Management GmbH, Johannesberg, und Martin Schittig, Geschäftsführer der Digitalagentur – Die Schittigs GmbH, Aschaffenburg, moderne agile Wege speziell für KMU vor, wie sich Geschäftsprozesse (weiter) digitalisieren lassen, ohne dabei „den Menschen zu verlieren“. Digitalisierungsherausforderungen seien so individuell wie die Unternehmen selbst. Bei KMU stünden pragmatische Lösungen im Fokus. Man solle nicht so sehr auf die in der Informatik verbreitete große Analyse der Prozesse mittels BPM gehen und diese dann in einem Mega-Projekt umsetzen, sondern nach dem „hands-on“-Prinzip beginnen und mit Priorisierungslisten arbeiten. Nur das, was einen „deutlichen Schmerz“ verursache, solle in einem Minimum Viable Product, das getestet werden könne, schnell und agil umgesetzt werden. Dann könnten die nächsten Schritte folgen. Das Fazit dieser Session: (Digitalisierungs-)Erfolg hat drei Buchstaben: T U N – ganz im Sinne von Johann Wolfgang von Goethe.
Durch die sechste Session führten Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann und Joachim Schmitt. Dass es ein proaktives Wissensmanagement braucht, um wertvolles Know-how in Unternehmen zu halten und für andere Mitarbeitende bereitzustellen, war eine wichtige Erkenntnis des konstruktiven Austauschs. Das moderne Wissensmanagement setze auf digitale Technologien, die den (neuen) Mitarbeitenden bedarfsgerecht die gespeicherten Informationen zur Verfügung stellen. Das Beispiel von „Service-Meister“ machte deutlich, wie auf dem Weg von der Aufbereitung der Daten (vorhandenes Wissen) über den Einsatz verschiedener Tools (Dokumentationen, Chatbots, Datenbanken, virtuelle Inhalte, etc.) bis hin zu den dafür notwendigen Algorithmen digitale Technologien eingesetzt werden können.
Konkret wurde von HeronOS eine KI vorgestellt, die sich mit den aktuellen Mitarbeitenden trainieren lässt und mit diesem Wissen dann neue Mitarbeitende bedarfsgerecht unterstützt. So kann ein „digitaler Mitarbeiter“ entwickelt werden, der das immer weiter aufgebaute Wissen auf Abruf anbietet.
Mit dem so vielfältig ausgestalteten Wirtschaftssymposium hat mainproject einmal mehr dazu beigetragen, die Innovationskraft der Unternehmen am Untermain zu stärken und persönliche Vernetzungsgelegenheiten für Fach- und Führungskräfte geboten. Als Projektleiter betonen die beiden Professoren Dr. Georg Rainer Hofmann und Dr. Wolfgang Alm: „Die doppelte Transformation durch Digitalisierung und Nachhaltigkeit findet sich nicht nur in Technik und Material wieder, sondern braucht auch neue Organisationsformen und Qualifikationen in der betriebswirtschaftlichen Praxis.“
Der gute Zulauf zur Veranstaltung und die individuellen Rückmeldungen haben gezeigt, dass das komprimierte Format ein guter Weg ist, Wissen sukzessive in die Betriebe zu bringen und die Aufmerksamkeit auf aufkommende Themen zu lenken. „Wir konnten auch für uns eine Reihe von Impulsen aufnehmen, in den Diskussionen und während des Networking am Rande des Symposiums“, zieht Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann Resümee. „So werden wir zum Beispiel gleich im Oktober anknüpfend an die Session 6 mit dem Schwerpunkt Wissensmanagement gemeinsam mit dem eco Verband der Internetwirtschaft e.V. einen Onlineworkshop anbieten.“
Mehr über die Wissenstransfer-Angebote von mainproject unter www.mainproject.eu.