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Auf dem Weg zum autonomen Outdoor-Stapler

Zwei Gabelstapler fahren autonom auf dem Firmengelände umher, wobei vor einem Stapler eine Dummy-Person läuft

Linde MH und die TH Aschaffenburg präsentieren die Ergebnisse des Forschungsprojekts „KAnIS – Kooperative Autonome Intralogistik Systeme“

Mit Live-Vorführungen auf dem Testgelände im Werk Aschaffenburg präsentierten der Warenumschlagspezialist Linde Material Handling (MH) und die Technische Hochschule Aschaffenburg (TH AB) am 5. Dezember 2023 die Ergebnisse des Forschungsprojekts „KAnIS – Kooperative Autonome Intralogistik Systeme“. In mehreren Teilprojekten wurden Lösungen für die anspruchsvollen Einsätze autonomer Gegengewichtsstapler entwickelt, die sowohl im Innen- als auch im Außenbereich Lasten bewegen. Ein Schwerpunkt lag auf deren kooperativem Verhalten: Über ein 5G-Netz und einen Edge-Server tauschen die Fahrzeuge Informationen in Echtzeit aus und können sich gegenseitig vor Hindernissen warnen. Das über knapp vier Jahre laufende Vorhaben wurde im Rahmen des FuE-Programms „Informations- und Kommunikationstechnik“ des Freistaates Bayern mit rund 2,8 Mio. Euro gefördert.

Video zum Projekt KAnIS

„Autonome Fahrzeuge werden nach und nach immer mehr Transportaufgaben übernehmen“, davon ist Stefan Prokosch, Initiator des Projektes KAnIS vonseiten Linde MHs überzeugt. Als einer der Technologieführer der Branche will das Intralogistik-Unternehmen die Vorteile autonomer Fahrzeuge in Zukunft auch denjenigen Kunden zugänglich machen, die Gegengewichtsstapler zum Warentransport oder zum Be- und Entladen von Lkw im Einsatz haben. „Die Anforderungen an Stapler im Außenbereich sind jedoch weitaus höher, als dies bei reinen Indoor-Geräten der Fall ist. Dazu gehören Gefälle und Steigungen, ein deutlich höheres Personen- und Verkehrsaufkommen, aber auch Wettereinflüsse und Temperaturgegebenheiten“, erläutert Prokosch. „Durch die gemeinsame Forschungsarbeit mit der TH AB konnten wir tragfähige Lösungen für diese komplexen Anforderungen erarbeiten. Die Erkenntnisse bilden nach dem Abschluss des Projekts eine wesentliche Grundlage für weitere Entwicklungsprojekte.“

Übergeordnetes Projektziel war es, herauszufinden, wie sich betriebliche Zuverlässigkeit und Umschlagsleistung durch ein kooperatives Verhalten vernetzter, autonomer Fahrzeuge verbessern lassen. Zur Lösung dieser umfassenden Aufgabenstellung wurden mehrere Teilprojekte gebildet, die sich mit der Lokalisierung sowie Steuerung und Regelung der Fahrzeuge, der Kooperation der Stapler untereinander, dem Erkennen der Ladungsträger, dem Umgang mit Witterungseinflüssen, der vorausschauenden Wartung, der Routenoptimierung sowie dem automatischen Lademanagement beschäftigten.

  • Prof. Dr. Hans-Georg Stark, Projektleiter KAnIS, Fakultät Ingenieurwissenschaften und Informatik der TH AB

„Das Projekt KAnIS war für die TH Aschaffenburg ein sehr komplexes, interdisziplinäres Forschungsprojekt. Beteiligt waren zehn Professorinnen und Professoren mit zahlreichen wissenschaftlichen Mitarbeitenden und Studierenden“, resümierte Prof. Dr. Hans-Georg Stark, Projektleiter KAnIS, Fakultät Ingenieurwissenschaften und Informatik der TH AB, während der Veranstaltung.

Vom intensiven Austausch zwischen wissenschaftlicher Forschungstätigkeit an der TH und langjährigem Fahrzeugentwicklungs-Know-how bei Linde MH haben beide Projektpartner in hohem Maße profitiert.

Prof. Dr. Hans-Georg Stark, Projektleiter KAnIS, Fakultät Ingenieurwissenschaften und Informatik der TH AB

Betriebsnahe Testszenarien unter Realbedingungen

Automatisiert wurden vier Elektro-Gegengewichtsstapler Linde E20, E25 und E30 mit 2,0 bis 3,0 Tonnen Tragfähigkeit, ausgestattet mit elektrohydraulischer Lenkung (Linde Steer Control), dem Assistenzsystem Linde Safety Pilot mit elektronischem Lastdiagramm sowie einem integrierten Zinkenverstellgerät.

Die praktische Umsetzung der Forschungserkenntnisse war für Linde MH und die TH AB ein wichtiger Aspekt.

Mark Hanke, Abteilungsleiter im Bereich Vorentwicklung bei Linde MH

Ab dem kommenden Jahr sollen die Fahrzeuge weiterentwickelt und getestet werden, um zukünftig vier konkrete Materialfluss-Aufgaben im Werk zu übernehmen: den Transport von Gitterboxen sowie den Transport von Paletten mit Batterien, außerdem die Transporte von Fahrzeugrahmen und Fahrerschutzdächern, die auf speziellen Ladungsträgern von den Vormontage- an die Hauptmontagelinien gebracht werden. […]

Echtzeitkommunikation mit Staplern und Infrastruktur

Ein besonderer Fokus des Forschungsprojektes lag auf der Umgebungswahrnehmung der automatisierten Stapler, um deren zuverlässiges Agieren mit anderen Verkehrsteilnehmern zu gewährleisten. Dazu verfügen die Fahrzeuge zusätzlich zu den Sensoren der Personenschutzeinrichtung über weitere 3D-Scanner und HD-Kameras. Die Kameradaten bilden die Basis, um Objekte mithilfe von KI-Algorithmen zu erkennen und zu klassifizieren sowie anschließend zu lokalisieren, um die Fahrgeschwindigkeit des Staplers anpassen und ihn bis zum Stillstand abbremsen zu können.

  • „Die Stapler wissen, was um sie herum passiert, weil wir ihnen beibringen, wie sie sehen können“, erläutert Prof. Dr. Konrad Doll, Fakultät Ingenieurwissenschaften und Informatik, TH AB.

Eine weitergehende Fragestellung befasste sich mit kritischen Situationen, die entstehen, wenn sich Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer in verdeckten Bereichen aufhalten, die von den Sensoren des Staplers nicht einzusehen sind und sich auf den Fahrweg des Staplers zubewegen. Hier kommt die Kooperation der Stapler ins Spiel, denn wenn ein anderer Stapler in der Nähe ist, könnte er entsprechende Informationen liefern. Voraussetzung ist aber eine echtzeitfähige Übermittlung der Perzeptionsdaten. Um diese geringen Latenzen zu erreichen, wurde im Aschaffenburger Werk ein privates 5G-Netzwerk aufgebaut. Die Perzeptionsdaten werden von den Staplern an einen Edge-Server übertragen, der aus den lokal erkannten Objekten eine globale Liste aller erkannten Objekte erstellt und diese zurück an die Stapler sendet. […]

  • Prof. Dr. Klaus Zindler, Vizepräsident Forschung und Transfer an der TH AB

„Schnelle Funknetze sind die Voraussetzung, damit autonome Stapler im Außenbereich kooperativ agieren und in Echtzeit auf unvorhergesehene Verkehrssituationen reagieren können“, betonte Prof. Dr. Klaus Zindler, Vizepräsident Forschung und Transfer an der TH Aschaffenburg, auf der Veranstaltung.

Unser Ziel ist, allgemeine Standards und Algorithmen unter Verwendung von KI-Methoden zu entwickeln, die dann flexibel auf unterschiedliche Fahrzeuge oder Applikationen angewendet werden können und weiterlernen.

Prof. Dr. Klaus Zindler, Vizepräsident Forschung und Transfer an der TH AB

Reinigungssystem für Sensoren, Batterieladen per Roboter

In einem weiteren Arbeitspaket wurde untersucht, wie die bodennahen, optischen Sensoren gesäubert werden können, wenn sie durch Spritzwasser bei Regen oder nasser Fahrbahn verschmutzt wurden. Denn ist eine zuverlässige Objekterkennung nicht mehr möglich, bringt die Personenschutzanlage den Stapler automatisch in den sicheren Zustand und er hält an. Um dies zu verhindern, entwickelte das Projektteam ein Reinigungssystem, das die auf den Laserscannern angesammelten Schmutzwassertropfen mit Druckluft wegbläst.

  • Ab dem kommenden Jahr sollen die autonomen Gegengewichtsstapler weiterentwickelt und getestet werden, um zukünftig konkrete Materialfluss-Aufgaben im Werk von Linde Material Handling zu übernehmen. Eine davon ist der Transport von Fahrerschutzdächern, die auf speziellen Ladungsträgern von den Vormontage- an die Hauptmontagelinien gebracht werden.

  • Das autonome Laden der Staplerbatterien wurde im Forschungsprojekt „KAnIS – Kooperative Autonome Intralogistik Systeme“ über einen KI-basierten Roboter gelöst, der den Ladestecker mit der Ladebuchse des Staplers verbindet.

Ein weiteres Projektteam untersuchte mögliche Lösungen für das autonome Laden der Staplerbatterien. Das Ergebnis sprach für einen KI-basierten Roboter, der den Ladestecker mit der Ladebuchse des Staplers verbindet. Das Heck des Staplers wurde entsprechend modifiziert und um eine automatisch angetriebene Ladeklappe ergänzt, die die Ladebuchse vor Schmutz und Spritzwasser schützt.

Weitere Informationen finden Sie zum Projekt KAnIS finden Sie in der ausführlichen Pressemitteilung:

Bild ganz oben: Ein Schwerpunkt des Forschungsprojekts „KAnIS – Kooperative Autonome Intralogistik Systeme“ von Linde Material Handling und Technischer Hochschule Aschaffenburg lag auf dem kooperativen Verhalten der autonomen Stapler: Über ein 5G-Netz und einen Edge-Server tauschen die Fahrzeuge Informationen in Echtzeit aus und können sich bei kritischen Situationen warnen. (Bildquelle aller Fotos auf dieser Seite: Linde Material Handling GmbH)