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Viktor Kress

Ein junger Mann steht am Forschungsfahrzeug der TH Aschaffenburg.

Interview mit Viktor: "Meine Forschung profitiert von den diversen Einrichtungen der Hochschule"

Du hast bereits dein Bachelor- als auch dein Masterstudium an der TH AB absolviert, nun promovierst du hier – in Kooperation mit der Universität Kassel. Was schätzt du an der Hochschule?

Die TH Aschaffenburg ermöglicht engen Kontakt zwischen Studierenden und Lehrenden. Die direkte Betreuung schafft gute Lernbedingungen und ein kollegiales Klima. Im Vergleich zu großen Hochschulen sind die Studierenden der TH AB weitaus weniger anonym. Einige Labore bzw. Forschungsgruppen an der Hochschule haben eine international wettbewerbsfähige Forschung etabliert. Dafür sind nicht zuletzt engagierte Professorinnen und Professoren sowie Mitarbeitende verantwortlich. Diese Forschungsgruppen sind erfolgreich in der Einwerbung von Forschungsgeldern und bieten eine erstklassige Ausstattung. Studierende können sich während des Studiums aktiv in der Forschung beteiligen: sei es durch Abschlussarbeiten oder den Projektmaster.

Seit wann wusstest du, dass du in die Forschung willst?

Als eine Perspektive habe ich diesen Weg schon seit Beginn des Studiums gesehen. Es bereitet mir Freude, wissenschaftliche Fragestellungen im Detail zu untersuchen, aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und bestehende Lösungsansätze zu hinterfragen. Das sind sicherlich notwendige Grundvoraussetzungen für einen Weg in die Forschung. Konkreter wurde meine Vorstellung dann während des Projektmasters an der TH AB. Dieser gab mir einen guten Vorgeschmack auf die Herausforderungen und Arbeitsweisen in der Forschung.

Dein Promotionsthema dreht sich um die Intentionserkennung von ungeschützten Verkehrsteilnehmenden aus einem Fahrzeug. Welches Ziel verfolgst du mit deiner Forschung?

Konkret geht es in meiner Forschung darum, die Verhaltensweise von sog. ungeschützten Verkehrsteilnehmenden, wie bspw. Fußgängerinnen und Fußgänger oder Radfahrerinnen und Radfahrer, im Straßenverkehr zu untersuchen und mittels Methoden der künstlichen Intelligenz das zukünftige Verhalten und den zukünftigen Aufenthaltsort vorherzusagen. Diese Fähigkeit soll den Straßenverkehr der Zukunft durch intelligente Fahrerassistenzsysteme oder autonome Fahrzeuge sicherer, effizienter und komfortabler machen.
Das übergeordnete Ziel ist es, intelligenten Maschinen, seien es automatisierte Fahrzeuge oder Roboter, ein Verständnis der menschlichen Verhaltensweise beizubringen. Dazu zählt bspw. auch nonverbale Kommunikation und Körpersprache, mit der wir Menschen unsere Intentionen mitteilen. Nur wenn Maschinen uns in dieser Hinsicht verstehen lernen, können wir sicher mit ihnen im Alltag interagieren.

Wie laufen die Versuche mit den Sensoren und Kameras an Fahrzeugen sowie dem Fahrerassistenzsystem ab?

Für die Intentionserkennung der ungeschützten Verkehrsteilnehmenden werden Daten über deren bisheriges Verhalten, Körperhaltung und ihre Umgebung verwendet. Diese sammeln wir mithilfe diverser Sensoren, wie bspw. Kameras und Lidar-Sensoren an unserem Forschungsfahrzeug, das häufig am Campus anzutreffen ist. Um ein möglichst unverfälschtes Bild der Verhaltensweise von ungeschützten Verkehrsteilnehmenden zu bekommen, ist es für meine Forschung wichtig, diese im realen Straßenverkehr zu beobachten. Daher sammeln wir mit unserem Forschungsfahrzeug anonymisierte Daten überwiegend in der Aschaffenburger Innenstadt. Hinzu kommt eine mit Sensoren ausgestattete Forschungskreuzung direkt an der Hochschule, die ebenfalls Daten liefert und in Kombination mit dem Fahrzeug eingesetzt wird.

In meiner Forschung habe ich die Möglichkeit, eigene Ideen und Vorstellungen umzusetzen – daneben erfordert eine Promotion aber auch ein großes Maß an Selbständigkeit und Disziplin.

Viktor Kress, promoviert im Labor für kooperative automatisierte Verkehrssysteme

Wie ist deine kooperative Promotion zustande gekommen?

Mein Projektmaster behandelte ein artverwandtes Thema. Nach Abschluss meines Masters war in meiner derzeitigen Forschungsgruppe eine Stelle mit Möglichkeit zur Promotion zu besetzen. Das war für mich die ideale Chance meine damaligen Arbeiten weiterzuführen und durch neue Themenfelder, wie bspw. das maschinelle Lernen, zu ergänzen. Durch Kooperationen mit Partnern aus der Wissenschaft, die innerhalb der Forschungsgruppe bereits bestanden, ergab sich dann die Chance zur kooperativen Promotion.

Wie grenzt sich eine Promotion zum Bachelor- und Masterstudium ab?

Im Bachelorstudium gibt es klare Vorgaben bzgl. der Kurse und eine zugängliche Aufbereitung des Wissens in den Vorlesungen. Im Projektmaster an der TH AB findet eine Heranführung an das wissenschaftliche Arbeiten statt. Doch es bestehen noch einige Unterschiede. Während der Promotion gilt es nicht mehr ECTS-Punkte zu erringen oder fixe Klausurtermine zu meistern. Was für Studierende vielleicht wie das Paradies klingen mag, ist in Wahrheit eine der Herausforderungen einer Promotion. Hier gilt es sich selbst geeignetes Wissen anzueignen, das eigene Thema im Kontext des Stands der Wissenschaft zu identifizieren, Zeitpläne einzuhalten, Zwischenergebnisse fertigzustellen und Publikationen zu schreiben. Kurzum, es ist ein hohes Maß an Selbständigkeit und Selbstdisziplin notwendig. Damit einher geht aber auch eine große Freiheit eigene Ideen und Vorstellungen umzusetzen.

Was gefällt dir besonders an deiner Promotion?

Die Freiheit und die Kreativität, die zur Bearbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen notwendig ist. Außerdem war der Besuch internationaler Konferenzen ein absolutes Highlight. Der Austausch mit Forschenden der gleichen Disziplin mit ganz unterschiedlichen kulturellen Hintergründen war für mich Motivation und Inspiration zugleich.

Wie unterstützt dich die TH Aschaffenburg und das iDok?

Meine Forschung profitiert von den diversen Einrichtungen der Hochschule, die ich nutzen kann. Zum anderen genieße ich eine gute Betreuung von Prof. Doll an der TH AB und von meinem Doktorvater Prof. Sick. Durch das Labor für kooperative automatisierte Verkehrssysteme an der TH AB steht mir bemerkenswerte Ausrüstung und intensiver Austausch mit Kollegen zur Verfügung. Das iDok unterstützt durch einen finanziellen Beitrag und fördert zudem den interdisziplinären Austausch mit den anderen Promovierenden an der Hochschule.

Bitte gib Studierenden einen Rat, die promovieren wollen.

Eine Promotion ist prinzipiell eine Einzelleistung, sie profitiert jedoch ungemein von dem Austausch und der Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen sowie Professorinnen und Professoren der gleichen Disziplin. Das ist keine daher gesagte Floskel. Daher rate ich, ein Labor, eine Forschungsgruppe oder ein Institut zu wählen, das ein kollegiales und förderndes Arbeitsumfeld bietet.

 

Dr.-Ing. Viktor Kress hat seine Promotion im November 2022 erfolgreich abgeschlossen. Herzlichen Glückwunsch, Viktor!